Leitbild "Nachhaltige Entwicklung"

"Nachhaltige Ernährung" setzt das gesellschaftliche Leitbild "Nachhaltige Entwicklung" für den Ernährungsbereich um. Die Betrachtungen gehen zurück auf die Konzeption der „Vollwert-Ernährung“ und das Wissenschaftsgebiet der „Ernährungsökologie“, die in den 1970er und 1980er Jahren zunächst in studentischen Arbeitskreisen und später in der Arbeitsgruppe von Prof. Claus Leitzmann am Institut für Ernährungswissenschaft der Universität Gießen entwickelt wurden.

Das Leitbild Nachhaltigkeit wird meist anhand von drei Säulen dargestellt – Umwelt, Wirtschaft und Gesellschaft. Dieses wurde 1992 auf der Konferenz für Umwelt und Entwicklung der UN in Rio de Janeiro in die breite Öffentlichkeit getragen. Bei Ernährungsfragen ist es sinnvoll, die Gesundheit als vierte Dimension einzubeziehen. Da kulturelle Hintergründe Ernährungsstile mitbestimmen, wurde vor einigen Jahren zusätzlich die Dimension Kultur in die Konzeption integriert (siehe Abbildung). Beruhigend ist, dass die fünf Betrachtungsdimensionen nicht etwa zu sich gegenseitig ausschließenden Folgerungen und Empfehlungen führen, sondern zu einer in sich schlüssigen Konzeption.

Fünf Dimensionen einer Nachhaltigen Ernährung

(nach Koerber Kv, Männle T, Leitzmann C 2012 und Koerber Kv 2014)

Globale Herausforderungen

Ausgangspunkt sind schwerwiegende globale Herausforderungen, von denen einige durch das Ernährungsverhalten beeinflusst werden. Beispiele sind Armutskrise/Welthungerkrise, Klimawandel, Wasserknappheit, Bodendegradation, Biodiversitätsverlust und Lebensmittelverschwendung. Außerdem steigt weltweit die Anzahl ernährungsmitbedingter Krankheiten.

Wertschöpfungskette Ernährung als Bezugsrahmen

  • Vorleistungsproduktion (Produktion von Maschinen, Düngemitteln, Pestiziden u. a. für die Landwirtschaft)
  • Erzeugung in der Landwirtschaft
  • Verarbeitung von Lebensmitteln
  • Vermarktung von Lebensmitteln
  • Zubereitung und Verzehr von Mahlzeiten im Haushalt
  • Abfallentsorgung (Verpackungen von Lebensmitteln und organische Reste).

Aus den umfassenden Betrachtungen lassen sich sieben Grundsätze für die Vollwert-Ernährung bzw. für eine Nachhaltige Ernährung ableiten:

Grundsätze für eine Nachhaltige Ernährung

(nach Koerber Kv, Männle T, Leitzmann C 2012 und Koerber Kv 2014)

  1. Bevorzugung pflanzlicher Lebensmittel
  2. Ökologisch erzeugte Lebensmittel
  3. Regionale und saisonale Erzeugnisse
  4. Bevorzugung gering verarbeiteter Lebensmittel
  5. Fair gehandelte Lebensmittel
  6. Ressourcenschonendes Haushalten
  7. Genussvolle und bekömmliche Speisen

Diese Grundsätze führen zu folgenden konkreten Empfehlungen für den täglichen Lebensmitteleinkauf:

Empfehlungen für die Auswahl von Lebensmitteln

(nach Koerber Kv, Männle T, Leitzmann C 2012, S. 188-189)

  • Gemüse und Obst reichlich und vielseitig zu verzehren, einen großen Teil davon als unerhitzte Frischkost
  • Getreide und Getreideprodukte aus Vollkorn gegenüber Nicht-Vollkornprodukten zu bevorzugen, d. h. Produkte aus Auszugsmehlen oder nur teilweise ausgemahlenen Mehlen nur selten zu verwenden
  • Kartoffeln und Hülsenfrüchte in gering verarbeiteter Form in den Speiseplan
  • Nüsse, Ölsamen und Ölfrüchte roh oder geröstet zu verwenden, allerdings in mäßigen Mengen
  • die Gesamtfettaufnahme zu begrenzen und qualitativ hochwertige Öle und Fette zu verwenden, z. B. native, kalt gepresste Speiseöle, Butter oder ungehärtete Pflanzenmargarinen mit hohem Anteil an nativem Kaltpressöl
  • Pasteurisierte Vollmilch oder Milchprodukte ohne Zutaten und Käsesorten ohne Zusatzstoffe zu bevorzugen
  • Fleisch, Fisch und Eier, wenn überhaupt gewünscht, nur gelegentlich zu verwenden
  • als Getränke ungechlortes Trinkwasser oder kontrolliertes Quellwasser (sofern hygienisch und toxikologisch unbedenklich), natürliches Mineralwasser oder ungesüßte Kräuter- und Früchtetees zu bevorzugen
  • Gewürze und Kräuter vielseitig zur Geschmacksverfeinerung zu verwenden, Salz dagegen sparsam einzusetzen (als jodiertes Salz)
  • als Süßungsmittel frisches, süßes Obst, nicht wärmegeschädigten Honig oder ungeschwefeltes, eingeweichtes Trockenobst (jeweils mäßig und nicht konzentriert) zu bevorzugen, dagegen isolierte Zucker und Süßstoffe sowie damit hergestellte Produkte zu meiden
  • Lebensmittel aus ökologischer Landwirtschaft sowie aus regionaler Herkunft und entsprechend der Jahreszeit zu verwenden, außerdem aus Fairem Handel.

Die Grundsätze und Empfehlungen für eine Nachhaltige Ernährung sollten durch "Bildung für nachhaltige Entwicklung" (BNE) vermittelt werden.

 

Ausführlichere Darstellungen zu Nachhaltiger Ernährung